Gute Freunde, weiße Beißerchen und Enwicklungshilfe in Kiew Drei Stunden Musical-Marathon mit Welte, Freeman, Weckerlin und Stanke Gut, was Ethan Freeman im weißrussischen Minsk zu suchen hatte oder Sabrina Weckerlin und Patrick Stanke beim "Zähnebleichen" in der Sawgrass Mall in Fort Lauderdale widerfahren ist, sind Fragen, auf deren Beantwortung die Welt nicht wirklich wartet. Aber auf Anne Weltes Couch darf man/frau schon mal etwas aus dem privaten Nähkästchen plaudern. Das Publikum in der Saarbrücker Congresshalle bekam die Auflösung zwischendurch serviert - als informelle Zugabe zwischen zwei klangvollen Marathonblöcken, deren vokales Netto sich auf fast drei Stunden summierte: Mr. Freeman hat bei den Iwans Entwicklungshilfe geleistet und dort für das russische Fernsehen mit einer hiesigen Sopranistin das Duett aus dem "Phantom der Oper" eingesungen. Und dass unser deutsches Musical-Traumpaar sich bei den Amis die Beißerchen hat aufhellen lassen, war einfach dem urlaubsbedingten Übermut im Sunshine State Florida geschuldet, wo beide ihre Gastgeberin aus Saarbrücken in deren Feriendomizil besucht hatten. So: Damit wäre der Chronistenpflicht dahingehend und in dieser speziellen Hinsicht Genüge getan. Zum Thema: Gute (und populäre) Freunde sind etwas wert. Das weiß "Mrs. Fezziwig" nicht erst seit gestern. Auf dieser Erkenntnis basiert eine der erfolgreichsten und beständigsten von einer Einzelkünstlerin initiierten Musical-Konzertreihen der letzten Jahre: "Anne Welte & Friends". Im Dezember 2009 ging die Gala an der Saar zum siebten Male in Folge über die Bühne, wiederum, siehe oben, mit stimmgewaltiger Unterstützung von Vertretern der ersten Musical-Garnitur. (Im Jahr zuvor hatten Yngve Gasoy-Romdal, Leah Delos Santos und Marc Clear an gleicher Stelle Punkte gesammelt). Mit der brillanten Achim-Schneider-Band im Rücken und einer durchdachten, stimmigen Setlist, die sowohl populäre Stücke, als auch weniger bekannte, aber nicht minder prickelnde Songs beinhaltete, konnte da auch diesmal nichts schief gehen. Tat es auch nicht. Eine "Ikone" auf der Jagd Den Beweis zu führen, warum er längst als "Ikone" nicht nur der deutschsprachigen Musicallandschaft gehandelt wird, gelang Ethan Freeman bei dieser Gelegenheit scheinbar wieder mühelos. Die "Musik der Nacht" hat eben keiner so drauf wie er. Kein Wunder, der New Yorker hat das "Phantom" in Deutschland, Großbritannien und den USA auch mehr als tausendmal gespielt. Und seine Jekyll-Auslegung ist ebenfalls nach wie vor unerreicht. Dies ist (und war) die (seine) Stunde! Mit diesem Song fährt Monika Dehnerts Ehemann regelmäßig stehende Ovationen ein, zuletzt bei den Musical-Allstars, die ja erfreulicherweise auch wieder "on Tour" sind. Und mit der "Gier" des nimmersatten Vampir-Grafen, Luigi Luchenis "Kitsch" aus "Elisabeth" und dem "Falken auf der Jagd" aus "Scarlet Pimpernel" sollte der von Publikum wie Kritik gleichermaßen gefeierte US-Amerikaner im Laufe der nächsten Stunden noch weitere Pflöcke einrammen. Den Abend zu eröffnen war natürlich der Gastgeberin selbst vorbehalten. Anne Welte, im eleganten schwarzen Hosenanzug und mit einen flotten blonden Kurzhaarschnitt, tat dies traditionell mit "New York, New York", um dann später mit einem eigens vom "Kapellmeister" für sie arrangierten Medley aus "Annie get your Gun", dem eingedeutschten und mit viel Komik vorgetragenen "Broadway Baby" aus Stephen Sondheims "Follies" (die Übersetzung stammt übrigens von Michael Kunze), dem Shirley-Bassey-Song "This is my life" und "Schafft die Männer ran" (J&H) alle Facetten ihrer stimmlichen und stilistischen Bandbreite aufzuzeigen. Diese Frau hat's einfach drauf! Zauberhafte Momente Sabrina Weckerlin und Patrick Stanke, seit 2005 auch privat ein Paar, gehören zur jüngeren, aber inzwischen bereits fest etablierten Generation musical-ischer Allrounder. Zwei Künstler, die das Zeug zu Großem und ihren Zenit noch längst nicht erreicht haben. Binnen relativ kurzer Zeit haben sie gemeinsam oder allein Hauptrollen in zahlreichen Großinszenierungen ausgefüllt. Vor diesem Hintergrund war "Blind vom Licht" aus "Marie Antoinette" für das sympathische Schwarzwald-Mädel einfach ein Muß! Eine Produktion, die zwar wirtschaftlich ein Flop war, aber in der geschichtlichen Rückschau einmal zu den stärksten Arbeiten des Erfolgsgespanns Kunze / Levay gerechnet werden dürfte. Mit "Der Zauberer und ich" (Wicked) und "Du rettest die Welt für mich" aus dem wunderschönen Musical "Elisabeth - Legende einer Heiligen", in dessen Titelrolle sie zuletzt das Marburger Publikum begeistert hatte, setzte die 23-jährige noch eins drauf. Und mit ihrer Version von "Somewhere over the rainbow" sorgte sie, nur vom Pianisten begleitet, dann auch für die zauberhaftesten Momente des Abends Der französische Trick "Ich bin Musik" blieb der Tecklenburger Mozart aus Wuppertal seinen Fans im Gegenzug nichts schuldig, um dann mit "Warum kannst Du mich nicht lieben wie ich bin" ein weiteres Mal an seinen großen Vorjahreserfolg im Münsterland anzuknüpfen. Und dann machte der Chemikant i.R. etwas, was zur Spezialität vieler Politiker gehört: Über etwas zu reden, das (oder von dem) er nicht(s) versteht. Man ersetze "reden" durch "singen", dann wird ein Schuh' draus. Stanke als "Man (ganz) in Red" hatte sich das eindringliche "Les temps de cathedrale" aus "Notre Dame de Paris" ausgesucht, dabei aber vor dem Problem gestanden, kein Wort Französisch zu können. Also hatte er sich den Original-Text kurzerhand in Lautschrift eingetrichtert. Gewusst wie! Selbst Frankophile unter den Zuhören fanden an der Artikulation nichts zu beanstanden. Davon einmal ganz abgesehen, der Song gehört ja zu den Perlen der neueren französischen Musicalliteratur. Für das einzige Duett des Abends schlüpften Deutschlands einst jüngste HipHop- und Jazzdance-Lehrerin und ihr privater-öffentlicher Held dann noch einmal in jene Rollen, die ihre steilen Karrieren einst begründeten oder zumindest doch enorm beflügelt hatten: in die der "Constanze" und des "D'Artagnan". Mit "Alles" aus den "3 Musketieren", die in der Saison 2010, wenn auch in anderer personeller Zusammensetzung, bei den Tecklenburger Freilichtspielen in den Kampf ziehen, lieferte das Paar einen Showstopper par exellence ab. Da wurden wehmütige Erinnerungen an emotional dichte und immer noch nachwirkende Glanzlichter des Musiktheaters wach. Der Nachwuchs - auch wenn er so jung eigentlich nicht mehr war - sollte an diesem Abend ebenfalls seine Chance bekommen. Jens Wagner und Jennifer Kloos, die sich bei einem vorangegangenen "Casting" als Teilnehmer für die Gala-Show hatten qualifizieren können, steuerten mit "Der letzte Tanz" und "Ich gehör' nur mir" zwei ambitionierte und schwierige Stücke aus dem klingenden "Sissi"-Epos bei. "Nicht schlecht, Herr Specht", urteilten im Nachhinein selbst die routinierten Profis. Neuer "Sendeplatz" Ein (langer und) gelungener Abend, der, wie es aussieht, allerdings auch der Letzte in dieser Form gewesen sein soll, zumindest was den Termin anbelangt. Nach dem Motto "gleiche Welle, andere Stelle" ist die Suche nach einem neuen "Sendeplatz" eröffnet. Der Dezember mit seiner inzwischen schon inflationären Angebotsfülle an ähnlich konzipierten Veranstaltungen ist denkbar ungünstig, weil sich die Organisatoren dadurch gegenseitig die Butter vom Brot nehmen und Besucher abspenstig machen. Ein Termin im Frühling, Sommer oder Herbst wäre für die "Friends"- Gala und ihrem exklusiven Anspruch sicherlich passender und dienlicher. © Jürgen Heimann - DaCapo Hochkarätig und doch familiär Veranstalter mit Show zufrieden Trotzdem letzte Anne Welte-Gala in dieser Form Hochkaräter der deutschen Musical-Szene hatte Anne Welte zu ihrer siebten Gala in die Congresshalle nach Saarbrücken eingeladen. Daneben überzeugten auch die Casting-Gewinner Jennifer Kloos und Jens Wagner. Saarbrücken. Kraft- und gleichzeitig gefühlvoll singt Ethan Freeman die „Musik der Nacht" aus „Phantom der Oper". Jeder Ton sitzt, so mancher der rund 600 Besucher bekommt Gänsehaut. Es ist mucksmäuschenstill am Samstagabend in der Congresshalle. Dann tosender Beifall, Jubel. Immer wieder setzt der gebürtige New Yorker Glanzlichter. Er ist verzweifelt als Graf Krolock (,,Unstillbare Gier"). Oder wirbelt als Luigi Lucheni (,,Kitsch'') über die Bühne. Mit dieser Rolle im Musical „Elisabeth" schaffte er 1992 in Wien den Durchbruch. Und sagt: ,,Komisch, Heute macht dieses Lied noch mehr Spaß als vor 17 Jahren."' Die Zuschauer merken es ihm an. Spaß ist wichtig bei der Anne-Welte-Gala. Die Show wirkt trotz der Klasse geradezu familiär. Dazu passt, dass Patrick Stanke erzählt, er habe den Casting-Gewinnern, die mit der SZ ermittelt wurden, ihre Garderoben gezeigt und Mut zugeredet: ,,Ich habe ihr Leuchten in den Augen gesehen, so etwas muss man unterstützen." Auf der Bühne ist von der Nervosität nichts zu spüren. Jens Wagner schlüpft mit „Der letzte. Tanz" in die Rolle des Todes, Jennifer Kloos ist mit „Ich gehör nur mir" die Titelheldin aus „Elisabeth". Die „Riesen-Talente", wie sie Welte bezeichnet, können mithalten. Und erheischen viel Lob: ,,Respekt, sie haben ihre Sache sehr gut gemacht", urteilt Stanke, der derzeit in „Buddy" in Essen auf der Bühne steht. ,,Sie sind eher Konkurrenz als Nachwuchs." Freeman: ,,Das sind sehr schwierige Stücke, hinzu kommt die Nervosität - beide haben sehr gut gesungen." Die Saarbrücker selbst sind zufrieden. ,,Es hat viel Spaß gemacht, und ich hab mich auf der Bühne wohl gefüht", sagt Jennifer Kloos. Sie gesteht aber: ,,Ich bin froh, dass ich .ein langes Kleid getragen habe, da hat man das Zittern nicht so gesehen." Auch Jens Wagner war aufgeregt: ,,Es war toll, mit so erstklassigen Leuten auf der Bühne zu stehen." Ihre Klasse zeigen die Stars mit Liedern aus Musical, aber auch aus der Pop- und Jazzmusik. ,,Ich singe lieber Jazz als Musical, da blühe ich auf'', sagt Stanke. Besonders eindrucksvoll: Er singt „Le temps de cathedrale" aus ,,Notre Dame de Paris" in franzöischer Sprache. Und das, obwohl er kein Wort Französisch spreche: ,,Ich habe mir die Wörter in Lautschrift aufgeschrieben." Die Nähe des Saarlandes zu Frankreich habe ihn ermutigt, das Lied zum ersten Mal zu singen. Die Zuschauer belohnen seinen Mut mit langem Beifall. Den bekommt auch seine Lebensgefährtin Sabrina Weckerlin. Vor allem als Elphaba aus „Wicked" ruft sie eine klasse Leistung ab. Aber auch das Duett mit Stanke -,,Alles'' aus „Die drei Musketiere" ist ein Höhepunkt des Abends. Nach der Show ist Welte zufrieden. Die Mischung habe gestimmt: ,,Ich fand es wichtig, auch mal die älteren Musicals wie "Annie get your gun" zu berücksichtigen." Trotzdem werde sich in Zukunft etwas ändern: ,,Die eine Anne-Welte-Gala in dieser Form wird es nicht mehr geben", sagte Welte. Zwar will sie weiterhin Stars ins Saarland bringen. Allerdings an einem anderen Ort und vor allem zu einer anderen Jahreszeit. Anne Welte schwebt ein Termin Ende August vor. Melanie Mai - Saarbrücker Zeitung Es wird kein Abschied für immer Zum siebten Mal hatte am Samstag die Musical-Sängerin Anne Weite zu ihrer Gala in die Saarbrücker Congresshalle geladen. Ihre Kollegen Sabrina Weckerlin, Patrick Stanke und Ethan Freeman kamen auch und begeisterten an der Seite der Gastgeberin mit einem rund dreistündigen Programm. Allein die Zahl der Begeisterten hielt sich in Grenzen - 500 Besucher waren eine unwürdige Kulisse. Die Gala bot wie schon in den vergangenen Jahren eine Abfolge von Musical-Hits, unter anderem aus "Evita", "Elisabeth", dem "Phantom der Oper; und "Jekyll & Hyde" mit zum Teil recht ungewöhnlichen Interpretationen wie Sabrina Weckerlins Version von "Sornewhere Over The Rainbow". Das war Sangeskunst, wie man sie bei den durch die Region tingelnden Musical- Tourneegruppen nur ganz selten erleben kann. Umso bedauerlicher ist, dass es die Anne-Welte-Gala zumindest in dieser Form wahrscheinlich nicht mehr geben wird - die spärliche Besucherzahl am Samstag war sicher der Sargnagel. "Das war die letzte Gala", verkündete Welte gegen Ende des Abends. Doch, so versicherte sie, es wird kein Abschied für immer. Ich möchte auf alle Fälle an diesen Konzerten festhalten, vielleicht in anderer Form, zu einer anderen Zeit, in einer anderen Stadt oder in einer anderen Halle. Die Ursache für den enttäuschenden Besuch sieht Welte in der vom Veranstalter angesetzten Terrninierung der Gala wenige Tage vor Weihnachten, also zu einer Zeit, in der selbst Musical-Fans mit Weihnachtsfeiern, Weihnachtsmärkten und sonstigen Weihnachtsvorbereitungen beschäftigt sind und dann auch das Geld nicht mehr so locker sitzt, um sich selbst noch einen Konzert-Besuch zu leisten. Aus diesem Grund sieht Welte einen Termin zum Beispiel im August als günstiger an. Christian Hanelt, - Die Rheinpfalz |